Der Raum zwischen 0 und 1

Shownotes

Zu den Neuigkeiten des bevorstehenden Festivals zählt, dass wir erstmalig auch in WITTEN zu Gast sind. In dieser Episode des BLAUES RAUSCHEN Podcast treffen wir Jasmin Vogel, Leiterin des örtlichen Kulturforums.

Wir sprechen mit der Kulturmanagerin über Besonderheiten des lokalen Kulturlebens, erfahren, wie ein 70er-Jahre Kulturbetrieb neues Leben eingehaucht bekommt und welche Ideen mit dem "Raum zwischen 0 und 1" verbunden sind. Also: Gute Unterhaltung bei der Podcast-Episode #26.

BLAUES RAUSCHEN findet vom 24. Mai bis zum 8. Juni 2024 statt und bringt international renommierte Künstler*innen zusammen, um an den faszinierenden Schnittstellen von Analog und Digital neue audiovisuelle Arbeiten zu präsentieren. Mehr Informationen, Updates oder Neuigkeiten zu Tickets: https://blauesrauschen.de/.

© open systems e.V. © Musik: Karl-Heinz Blomann Produktion: studio b media GmbH, Autorin: Clara Quebbemann

Transkript anzeigen

00:00:00: * Musik *

00:00:03: Das Festival Blaues Rauschen findet dieses Jahr in gleich sechs

00:00:16: verschiedenen Städten statt. Essen, Dortmund, Bohrhum, Gäsenkirchen,

00:00:20: Herne und auch Witten ist erstmalig dabei. Das Gespräch mit unserem

00:00:25: Gast haben wir sogar in Witten aufgenommen, genau genommen im

00:00:28: Digitalabor im Saalbau Witten. Was es damit auf sich hat und wer hinter

00:00:32: all dem steckt, wird gleich noch klar werden. Und damit herzlich

00:00:36: willkommen am Mikrofon ist Kira Preuß. Die Mittelstadt Witten liegt

00:00:41: im Südosten des Ruhrgebiet und kulturell gesehen ist dort

00:00:45: ziemlich fast los. Wer sich für zeitgenössische Musik

00:00:48: interessiert, dürfte zum Beispiel von den Wittener Tagen für

00:00:51: neue Kammermusik gehört haben, einem Musikfestival mit einer

00:00:55: Historie von 88 Jahren und der 56. Ausgabe, die dieses Jahr stattfindet.

00:01:01: Davon sind wir mit unserer Festivalgeschichte noch ein Stück weit

00:01:04: entfernt, aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht gibt es

00:01:08: Blaues Rauschen im Jahr 2112, ja auch noch in Witten. Wäre doch

00:01:13: interessant, sich vorzustellen, was da auf die Bühne gebracht

00:01:16: werden könnte. In dieser Episode soll es aber vor allem um die

00:01:20: neue Stadt im Bunde gehen. Dazu treffen wir die Kulturmanagerin

00:01:24: Jasmin Vogel. Seit 2019 ist sie Leiterin des Kulturforums in Witten

00:01:29: und koordiniert viele der kulturellen Impulse innerhalb der

00:01:32: Stadt. Das Kulturforum ist das ehemalige Kulturamt der Stadt

00:01:37: Witten. Man kann es auch als ein Netzwerk aus Kultureinrichtungen

00:01:41: und Veranstaltungsorten beschreiben. Das klingt nach

00:01:44: einem komplexen Konstrukt, vielen Funktionen in einem und

00:01:47: einer Menge Organisation. Das, was wir sind, hast du eigentlich in

00:01:52: jeder Stadt. Aber und das ist wirklich der Vorteil, auch diese

00:01:55: Anschalt des öffentlichen Rechts, wir haben einfach gewisse

00:01:57: Freiheiten, wie wir unsere Zusammenarbeit miteinander

00:02:00: bestimmen wollen. Und in den letzten vier Jahren haben wir uns

00:02:03: halt sehr stark daran orientiert, was ist eigentlich, ich sage mal,

00:02:06: die Kulturarbeit der Zukunft, ne? Also die Spaten öffnen sich,

00:02:10: also man redet ja auch von der Spatenoffenheit, von der

00:02:12: Entertisziplinarität. Und für uns ist die ganze Zeit über die

00:02:16: Frage, was braucht es eigentlich in Zukunft und was wie müssen wir

00:02:20: eigentlich dann auch in Zukunft arbeiten? Das ist nicht mehr

00:02:22: spatenbezogen, herst du Tanz, da hast du Theater, da hast du

00:02:25: bildende Kunst, sondern dass du viel stärker auch übergreifend

00:02:29: bist arbeiten und handeln müssen. Und das erfordert andere

00:02:32: Arbeitsweisen und andere Prozesse. Und was so spannend im Kulturforum

00:02:36: ist, dass wir hier in unserer jetzigen Verfasstheit an diesen

00:02:39: Themen gemeinsam arbeiten können, dass du eher Themen bezogen,

00:02:42: dich, ich sage mal, zeitgenössischen Strömungen oder

00:02:45: auch gesellschaftlichen Entwicklungen nähern kannst.

00:02:48: Jasmin Vogel beschäftigt sich unter anderem intensiv mit dem

00:02:52: Thema Digitalität im Kultursektor.

00:02:54: Was bedeutet eigentlich Digitalität als künstlerisches

00:02:57: Medium für die Prozesse? Und da sind wir, glaube ich, noch ganz

00:03:00: am Anfang. Also wir denken immer noch teilweise in sehr analogen

00:03:03: künstlerischen Welten. Dabei gibt es schon sehr, sehr spannende

00:03:06: Produktionsformen, die im Digitalen möglich sind und was mich

00:03:10: daran sehr reizt, ist damit zu experimentieren. Wenn wir bei

00:03:13: jetzt in die Theaterstatistik sehen, merken wir, dass Digitalität

00:03:16: immer noch so eine Art Nischen da sein fristet. Es gibt immer so

00:03:19: einzelne kleinere künstlerische Produktion. Und wir müssen uns

00:03:21: natürlich schon fragen, wenn das Digitale als virtueller und

00:03:26: damit trotzdem realer Raum da ist, verändert sich doch die Art

00:03:29: und Weise, wie wir produzieren. Und das hat aber viel mit

00:03:31: Kompetenzen zu tun. Und dann bin ich wieder beim Punkt der

00:03:34: Spaten oder dieser Interdisziplinarität. Es verändert

00:03:37: sich, wie wir auf Dinge gucken und wie wir Dinge tun. Das ist

00:03:40: etwas, wo wir hier im Kulturforum mit zugegebenermaßen

00:03:44: wenig mitteln, experimentieren und immer wieder gucken. Wo sind

00:03:47: eigentlich die Grenzen und wie können wir die verschieben?

00:03:49: Noch mal zur Erinnerung und falls das am Anfang nicht ganz

00:04:02: klar geworden ist, dieses Interview haben wir im sogenannten

00:04:05: Digitalabor ein Witten geführt. Der einladend eingerichtete

00:04:09: Ort ist Produktionsstudio, Lernort und Experiment in einem.

00:04:13: Die Idee dahinter, Digitalität nie ohne konkreten Raum zu

00:04:18: denken, denn digital ist nichts, was nur virtuell stattfindet.

00:04:22: Dafür braucht es konkrete Anlässe und Orte, die den Inhalt

00:04:26: definieren.

00:04:27: Der erste Stream aus diesem Labor im Sommer 2022 hieß

00:04:35: treffenderweise "Der Raum zwischen 0 und 1". Mittlerweile

00:04:39: produzieren im Digitalabor Künstler*innen aus der freien

00:04:42: Szene und die Teilnehmer*innen des NO AC

00:05:12: "And to the Road" Fellowships, einem Förderprogramm für Digitalkünstler*innen.

00:04:49: Die vier jungen Kunstschaffenden entwickeln hier verschiedene Kunstprojekte von Immersion

00:04:54: bis Film-Mapping-Projektion und experimentieren mit den digitalen Mitteln.

00:04:59: Darüber hinaus bekommen die Fellows Förderungen wie Wohn- und Arbeitsraum für ein Jahr und

00:05:06: außerdem Fortbildung, die sie in ihrem eigenen Fachgebiet weiterbringen.

00:05:09: Aber wie begleiten Sie dann auch mit Weiterbildung im Bereich Marketing?

00:05:13: Wie stelle ich Förderanträge?

00:05:15: Da geben wir auch sehr spezifisch auf die jeweiligen Künstler und Künstlerinnen ein,

00:05:19: aber immer mit dem Blick lange Produktionszeit, weil die Brauch ist, Experimentierraum und

00:05:24: kein Produktionszwang.

00:05:26: Das Interessante ist, es kommt aber im Endeffekt richtig geiles Brauch.

00:05:29: Wir ermächtigen die Künstler und Künstlerinnen eben auch, eben nicht abhängig zu sein von

00:05:33: den großen Produktionsbudgets, sondern mit anderen Dingen zu experimentieren und das

00:05:39: auch öffentlich zugänglich zu machen.

00:05:40: Weil das ist etwas, was mir häufig fehlt in der künstlerischen Produktion, dass diese

00:05:44: Dinge nicht nachhaltig weiter genutzt werden können von anderen.

00:05:47: Wir springen vom Digitalabor im Kulturforum über das Fellowship hin zu den Festivalvenues.

00:06:00: Blaues Rauschen findet hier in Witten am 7.

00:06:02: Juni an zwei verschiedenen Orten statt.

00:06:05: Erst das Bord, das Raumcafé.

00:06:07: Gelegen im Wittener Wiesenviertel hat sich das Café als Ausgangspunkt für zeitgenössische

00:06:12: Kulturarbeit bezahlt gemacht und ist sehr vielseitig.

00:06:16: Mal Café, mal Bar, mal Workspace, mal Club.

00:06:20: Hier findet man alles davon und nicht zuletzt im Juni das blaue Rauschen.

00:06:24: Im Raumcafé präsentiert Peter Hesse am frühen Freitagabend seinen Film "Die Stille überlebt"

00:06:31: über die Neusszene in NRW.

00:06:34: Für den zweiten Spot kehren wir wieder zum Ausgangspunkt zurück.

00:06:40: Der Saalbau Witten wurde im Jahr 1975 eröffnet, hat also schon fast historischen Charakter

00:06:47: und ist auch architektonisch ein Kind seiner Zeit.

00:06:50: Wir haben es hier im Klassenbild- und Bespieltheater zu tun.

00:06:52: Also das heißt, wir haben eine Drehbühne, also wir haben von der Technik eigentlich alles,

00:06:56: was man sich nur wünschen kann und spannend ist, ja dann zu gucken, wie gehen wir jetzt

00:07:00: in eine künstlerische digitale Produktion, was wir noch nicht gemacht haben.

00:07:04: Also nicht nur eine Premiere in Witten, sondern auch für Witten.

00:07:09: Dabei ist die bisherige Programmengestaltung im Saalbau schon sehr vielseitig und richtet

00:07:13: sich an Zielgruppen aller Altersklassen.

00:07:15: Also bei uns findet die Dinoshow statt, vorher werden wir in Zemm und die Wittnattage für

00:07:19: neue Kamermusik.

00:07:20: Wir sind aber nie selber Produzent und das Interessante für uns ist zu erproben und

00:07:25: wir haben vorletztes Jahr mit unserer digitalen Sparte angefangen, selber zu produzieren

00:07:30: und selber auch daran zu wachsen dann eben aus den Erfahrungen, die wir dabei sammeln.

00:07:34: Man könnte leicht denken, dass man als Kulturmanagerin immer das nächste kulturelle Event in den

00:07:45: Fokus der eigenen Arbeit stellt.

00:07:47: Tatsächlich sieht das bei Jasmin Vogel aber ganz anders aus.

00:07:50: Ihre Sicht auf die zentrale Aufgabe von Kulturarbeit ist von einer ganz grundsätzlichen Frage

00:07:56: bestimmt, die sich auch mit der Ausrichtung von Blaus Rauschen deckt.

00:07:59: Was mich total interessiert ist, welchen Beitrag leisten wir eigentlich?

00:08:03: Dass was Kultur ja kann, es ist auf der einen Seite das, was viele nicht hören wollen, ist

00:08:08: man natürlich auch in gewisser Weise immer politisch.

00:08:10: Das heißt, man prägt eine Gesellschaft mit, dass das eine, was Kultur kann oder Kunst

00:08:14: kann, ist auch jetzt mal sehr bewusst.

00:08:16: Sie kann Räume und Kontexte denken, die es noch nicht gibt.

00:08:20: Das heißt, was Kultur kann oder Kunst kann, ist die Vorstellungskraft zu wecken, in welcher

00:08:24: Welt möchte ich eigentlich in Zukunft leben und wie wollen wir das miteinander tun?

00:08:28: Und das ist das, was mich interessiert.

00:08:29: Das heißt, ein Projekt, das spannend sein muss, es interessiert mich nicht, ist es der größte Künstler.

00:08:34: Mich hat immer interessiert, was verändert ist und habe ich eine sinnliche Erfahrung dabei.

00:08:39: In diesem Sinne auf viele digital sinnliche Erfahrungen.

00:08:46: Wir dürfen uns auf insgesamt vier spannende künstlerische Projekte und eine taufrische

00:08:50: Zusammenarbeit in Wittenfreuen, eine Stadt, die im Hinblick auf Kunst und Kultur gut vernetzt

00:08:56: ist und in der viele Menschen ihre Ideen ins kulturelle Leben einbringen.

00:09:00: Genau solche Menschen stecken natürlich auch hinter dem Blaues Rauschen Festival und seinem

00:09:04: Programm.

00:09:05: Das komplette Line-Up mit allen Venues und Programmtagen gibt es auf blauesrauschen.de

00:09:10: und damit sage ich Tschüss und bis zum nächsten Mal.

00:09:13: [Musik]

00:09:22: Blaues Rauschen, Rauschen, Rauschen.

00:09:25: [Musik]

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