Innovation oder Bedrohung? KI in der Musik
Shownotes
https://ci.cs.tu-dortmund.de/beschaeftigte/fabian-ostermann/ http://www.fabianostermann.org/
© Autorin & Sprecherin: Teresa Rodriguez Gerung
Music :
"BRPODIn-Outro", "Citytrip Trailer3", "Flash Me", "MOOGY1", "Embers", "Outside Elektro" all © Karl-Heinz Blomann
"Illiac Suite" by Lejaren Hiller.
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00:00:00: Hallo und herzlich willkommen bei Blaus Rauschen.
00:00:20: Unser Festival geht 2025 in die 7. Runde.
00:00:24: Vom 23. Mai bis zum 7. Juni laden wir euch wieder ein Konzerte, Workshops und Lecture Talks rund um Kunst und Technik zu erleben.
00:00:33: Dieses Jahr in sieben Städten. Bochum, Dortmund, Diesburg, Essen, Geldenkirchen, Herne und Mühlheim.
00:00:41: Und wieder stehen aktuelle Fragen zwischen Mensch und Maschine sowie Realität und Fiktion im Mittelpunkt.
00:00:47: Ein Thema dabei ist die künstliche Intelligenz. Sie gewinnt auch in der Musik zunehmend an Bedeutung.
00:00:53: Von Sinfonien, die mithilfe von KI verendet werden, über ganze Songs, die durch KI entstehen, bis hin zum vermehrten Einsatz live auf der Bühne, auch bei Blaus Rauschen.
00:01:03: Neben positiven Seiten kommt auch die Frage auf, braucht es den Menschen bald gar nicht mehr, weil die KI alles kann?
00:01:10: In Episode 21 haben wir bereits über KI als kreatives Tool in der Musik gesprochen.
00:01:15: Es ging darum, was Künstlerinnen über die neue Technologie denken und inwieweit sie KI in ihre Arbeit nutzen.
00:01:22: In der Mitte befassen wir uns mit zwei weiteren Fragestellungen.
00:01:25: Wie verbinden wir die technische Seite von KI mit der praktischen Anwendung in der Musik?
00:01:30: Und welche Chancen sowie Gefahren bringt diese Technologie mit sich?
00:01:34: Und damit herzlich willkommen beim Blaus Rauschen Podcast. Am Mikrofon ist Teresa Gerung-Rotrieges.
00:01:40: Bei mir zu Gast ist Fabian Ostermann. Er arbeitet an der Fakultät für Informatik der Technischen Universität Dortmund
00:01:47: und beschäftigt sich mit Artificial Intelligence Music Composition, Musikinformatik und Musikdatenanalyse.
00:01:54: Klingt alles sehr technisch, aber Fabian bringt auch einen praktischen künstlerischen Hintergrund mit.
00:01:59: Er hat Jazz-Gitarre an der Volkwang-Universität der Künstler studiert und kombiniert so beide Bereiche perfekt.
00:02:05: Fabian, wie hat sich der Einsatz von KI in der Musik in den letzten Jahren verändert?
00:02:10: Man hat ja jetzt das Gefühl, jetzt haben wir diese KI-Welle.
00:02:13: Alles neu, ganz viel KI, das gab es vorher nicht und jetzt kann die KI plötzlich alles.
00:02:18: Das kann man sich schon vorstellen, das kann gar nicht sein.
00:02:21: Also das war ein schleichender Prozess in der Historie.
00:02:24: Wenn man jetzt denkt, Informatik hatte mit Musik in den letzten Jahrzehnten nichts zu tun, dann ist das natürlich völliger Quatsch.
00:02:30: Sobald es Computer gab, haben Leute versucht mit dem Computer Musik zu machen.
00:02:33: Das ging schon in den 50er Jahren los. Da gibt es diese Iliac Suite.
00:02:38: Vier Sätze hat jemand da was komponiert mit dem Computer.
00:02:42: [Musik]
00:02:57: Und zu der Zeit damals haben die Leute dann gesagt, Wahnsinn, das geht.
00:03:01: Das ist KI, Intelligenz im Computer.
00:03:05: Und wenn wir uns das heute angucken, dann sagen wir, das sind die einfachsten Algorithmen, die wir uns vorstellen können.
00:03:10: Aber im Zeitgeist damals war das natürlich verblüffend.
00:03:13: Und so ist es jetzt auch ein bisschen.
00:03:15: Ich glaube, wenn man in 20, 30 Jahren jetzt auf heute zurück schaut, dann werden auch gerade die Informatiker sagen,
00:03:20: Ja gut, diese einfachen Modelle damals, die waren ja ganz nett, aber KI wollen wir dazu nicht sagen.
00:03:25: Ich glaube, das Wort KI ist immer ein Wort, was beschreibt diese Überraschung.
00:03:31: Wir haben jetzt ein neues Modell, ein neues Verfahren, ein neues Programm entwickelt.
00:03:35: Das kann jetzt plötzlich etwas, was wir uns gestern noch nicht vorstellen konnten.
00:03:39: Und dann labeln wir das mit KI.
00:03:41: Übermorgen ist das aber vielleicht schon wieder vorbei.
00:03:44: KI ist also nichts ganz Neues, sondern das Ergebnis von ständigem Fortschritt.
00:03:48: Was hat sich dadurch für Künstler*innen verändert?
00:03:51: Wenn man ein paar Jahrzehnte zurückgeht, haben die Leute stark bezweifelt, dass ein Computer irgendwann mal etwas erschafft,
00:03:57: wo man jetzt nicht mehr sagen kann, hat das ein Computer gemacht oder hat das ein Mensch komponiert.
00:04:02: Und jetzt haben wir ein Verfahren mittlerweile in der Theorie entwickelt, die das können.
00:04:06: Das ist reine Wissenschaft, geht das oder geht das nicht.
00:04:09: Und die Musiker, die sehen, okay, da geht das jetzt.
00:04:13: Und im positivsten Sinne ist dann erst mal ein Bestreben interessant.
00:04:18: Wie kann ich das jetzt irgendwie in meine Musik mit anfliessen lassen auf der Bühne oder auch im Studio?
00:04:24: Und was passiert dann?
00:04:26: Wie verbindet man die beiden Seiten, also das technische Know-how und die praktische Umsetzung in der Musik und Kunst?
00:04:32: Was sind da die Herausforderungen?
00:04:34: Wie viele Leute können programmieren, neuzutage?
00:04:38: Gerade wenn jetzt diese Experten das programmieren oder diese Modelle halt entwickeln,
00:04:44: dann arbeiten die nicht mit grafischen Oberflächen, sondern die können alle programmieren, die arbeiten in Code.
00:04:51: Das heißt jemand, der jetzt von außen kommt und sagt, ich möchte das jetzt lernen, der muss eigentlich erstmal von Grund auf programmieren lernen.
00:04:56: Und jetzt haben wir ja nicht nur die Bevölkerung, den Prozentanzahl der Leute, die programmieren können,
00:05:01: sondern unter Musikern den Prozentanteil der Leute, die da vielleicht ein bisschen programmieren können,
00:05:07: die dann diese Modelle vielleicht mal, diese Code mal sich angucken könnten,
00:05:12: schauen könnten, sich das beibringen könnten.
00:05:15: Und da muss, glaube ich, vernetzten.
00:05:18: Entweder durch grafische Oberflächen, also man bringt den Code zu den Musikern,
00:05:22: das ist etwas, was viel gemacht wird im Moment auch.
00:05:25: Oder auch andersrum, man befügt die Musiker mehr zu programmieren, also man bringt den vielleicht programmieren bei.
00:05:30: Was eventuell die schwieriger Aufgabe ist, aber vielleicht auch spannend.
00:05:35: Um die Lücke zwischen Theorie und Praxis an der Theodorthmund zu füllen, bietet Fabian Ostermann das Musikinformatik-Fachprojekt an.
00:05:42: Hier dürfen die Studierenden frei entscheiden, was sie umsetzen wollen und verbinden Informatik und Musik.
00:05:48: Wir kommen da mit einer Idee, besprechen wir die so ein bisschen und dann fällt dann eine Idee ab.
00:05:53: Und ich motiviere eben auch dazu diese andere Richtung von vielleicht nichts oder von irgendwelchen Vorgaben,
00:06:00: zum Beispiel einer Tonart oder ein Instrument, dann eben irgendwas zu entwickeln in der Diessimester,
00:06:06: dass das Musik rausfällt. Und da kommen ganz bunte Projekte raus.
00:06:10: Manche sind auch nicht KI, aber einige sind natürlich auch die Informatik-Studien.
00:06:15: sind natürlich im Hype der KI und sagen, ich möchte das gerne mal ausprobieren.
00:06:19: Kann ich hier so ein Neuerund an das Netz und dann sage ich natürlich los, probiere es aus.
00:06:23: Und Fachprojekt ist ein relativ interessantes, heißt ja auch Fachprojekt.
00:06:29: Wenn am Ende dann das Ergebnis nicht so toll ist, der Weg ist das Ziel, dann ist das auch in Ordnung.
00:06:35: Aber die Kreativität, welche Projekte die dann angehen, das ist eigentlich das Interessante.
00:06:40: Festivals wie Blaues Rauschen zeigen, dass sich immer mehr Künstler*innen aktiv und
00:06:45: kreativ mit KI und technischen Programmen befassen.
00:06:48: Gerade vor dem Hintergrund aktueller, widersprüchlicher Diskussionen,
00:06:52: befürwortet Fabian Ostermann diese Entwicklung.
00:06:54: Kurz möchte ich erforschen, was das mit den Menschen macht und so weiter.
00:06:57: Und das finde ich gerade beim Thema KI, was ja sehr emotional ist, ist auch sehr wichtig.
00:07:03: Die Möglichkeiten in der Praxis sind aus seiner Sicht vielfältig. Ein Beispiel.
00:07:07: Ich möchte gerne Gitarre spielen und das System soll mich mit, sagen wir,
00:07:13: einfach Schlachtzeug begleiten. Dann ist die Eingabe meiner Gitarre, die Ausgabe Schlachtzeug.
00:07:17: Muss jetzt nur überlegen, wie ich dieses Modell dazu bringe, das so zu tun.
00:07:21: Aber ich kann auch diverse andere Dinge. Ich kann auch Stimme reingeben und Stimme wieder raus.
00:07:27: Da eröffnen sich viele neue Möglichkeiten für Kunstschaffende.
00:07:31: Gleichzeitig steht die Frage, inwieweit KI eine Bedrohung für den Mensch ist, immer wieder im Raum.
00:07:36: Eine kritische Auseinandersetzung ist uns deshalb auch beim Blaues Rauschen Festival wichtig.
00:07:41: Manche Menschen haben Bedenken und fragen sich, ob die KI den Mensch in Zukunft ersetzen wird
00:07:46: oder wie sich die Branche verändert. Hier sieht Fabian die Verantwortung auch bei den Big-Playern,
00:07:51: also großen Unternehmen und Firmen.
00:07:54: Die haben natürlich ganz andere Interessen. Die denken, wie kriege ich jetzt da raus
00:07:59: ein Geschäftsmodell, was mir mehr Geld generiert und mehr Geld generieren.
00:08:03: Was ist das teure? Das sind meistens die Menschen, die bezahlt werden müssen.
00:08:06: Die versuchen vermutlich in der nächsten Zeit auch KI so zu benutzen, dass da Menschen eingespart werden.
00:08:14: Wenn die den Markt damit überschwellen mit der KI-Musik,
00:08:18: kann natürlich sein, dass man im Radio demnächst nur noch KI-Musik hat.
00:08:24: Das muss ich aber zeigen, ob die Zuhörer das wollen.
00:08:30: Die Zuhörer werden das auch hinterfragen.
00:08:33: Wenn Zuhörer Menschen dabei haben wollen, dann kann sich diese KI-Musik auch nicht verkaufen.
00:08:39: Du sagst, es kommt darauf an, ob die Menschen das überhaupt wollen.
00:08:42: Aber kann man diesen Unterschied dann überhaupt noch erkennen, ob das jetzt eine KI ist oder nicht?
00:08:47: Nehmen wir zum Beispiel einen Text von Chagy Viti.
00:08:50: Oft können wir nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob er von einer KI oder einem Menschen verfasst wurde.
00:08:55: Musik ist ein bisschen komplizierter als Text.
00:08:58: Ich glaube, da wird es noch ein bisschen dauern. Bist Musik wirklich zu 100 Prozent.
00:09:02: Ich weiß nicht, ob das jetzt eine echte Band eingespielt hat oder ein KI-Programm ausgegeben hat.
00:09:06: Aber wenn ich auf ein Konzert gehe, dann sehe ich, wer auf der Bühne steht.
00:09:10: Wenn ich mir eine CD kaufe, dann informiere ich mich an normaler Weise, wer die Leute sind.
00:09:15: Musik fällt ja nicht vom Himmel.
00:09:17: Ich glaube, jeder, der da gerne was von Menschen produziert haben möchte,
00:09:23: muss sich nur informieren und dann findet da auch Musik von Menschen.
00:09:26: Die persönliche Verbindung zu den Musiker*innen spielt also auch eine entscheidende Rolle.
00:09:31: Heißt das, die KI ist keine Betrohung für die Kreativität des Menschen?
00:09:35: Für die Kreativität des Menschen sowieso nicht, weil die ist umbrechbar.
00:09:39: Und dieses Bestremen, das zu beschleunigen, das kommt nicht von irgendwelchen Technokraten,
00:09:44: sondern das haben die Künstler immer schon versucht.
00:09:47: Und dann, es hält ja auf künstlerischer Ebene jetzt auch keinen auf, der sagt,
00:09:53: ich will jetzt aber genau das Gegenteil machen.
00:09:56: Und ich glaube, auch da wird das dann wieder resonieren.
00:09:59: Und das Leute sagen, ach cool, sieht man heute schon.
00:10:02: Der nimmt jetzt doch wieder analog auf.
00:10:05: Man kann Prozesse beschleunigen, wenn man will.
00:10:07: Man kann ja auch sagen, ich verzichte auf KI und ich entschleunige alles,
00:10:11: um meine Kreativität wieder zu boosten.
00:10:13: Also da ist der Mensch frei und wird seinen Weg finden.
00:10:18: Es geht also weniger um die Technologie selbst, sondern vielmehr darum,
00:10:22: wie wir als Gesellschaft damit umgehen und welche Strukturen wir schaffen.
00:10:26: Für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI und Daten setzt Fabian auf Transparenz.
00:10:30: Denn sobald ein Modell trainiert sei, könne man nicht mehr sagen,
00:10:33: welche ursprünglichen Informationen und Inspiration dahinter stecken.
00:10:37: Es wird alles weg komprimiert.
00:10:39: Der Datensatz kann am Ende weg.
00:10:41: Und das Netz entscheidet dann Dinge auf Grundlage der gesehenen Daten.
00:10:46: Aber man kann nicht mehr, niemand auf der Welt,
00:10:49: kann herausfinden, welche Daten da eigentlich drin waren.
00:10:51: Womit das trainiert wurde.
00:10:53: Und ich glaube, da ist die GEMA jetzt auch ganz, ganz vorsch dabei.
00:10:59: Ich glaube, sie fordern da tatsächlich erst mal,
00:11:02: was ich auch eben gesagt habe, Transparenz.
00:11:04: Wenn ein Modell veröffentlicht wird, muss man eigentlich mit veröffentlichen,
00:11:08: was da trainiert wurde.
00:11:09: So, dann muss man drüber sprechen, wenn die das jetzt weiter verwerten.
00:11:13: Und ich benutze jetzt extra das Wort.
00:11:14: Ich glaube, das ist auch das Wort, was die GEMA da benutzt.
00:11:17: Weil Weiterverwertung muss bezahlt werden.
00:11:20: Und wenn jetzt das nach Recht entschieden wird, dass das Weiterverwertung ist,
00:11:25: dann wird das Ganze sehr, sehr viel schwieriger, diese KI-Modelle zu trainieren.
00:11:29: Aber eben auch gerechter, im Sinne der Urheber*innen,
00:11:32: die zumeist unfreiwillig die Voraussetzungen für die virtuell entwickelten Werke erschaffen haben.
00:11:37: Die Herausforderungen rund um KI sind also vielschichtig.
00:11:40: Von rechtlichen Unsicherheiten über ethische Bedenken bis hin zur kreativen Nutzung.
00:11:45: Wenn ihr herausfinden wollt, wie wir beim Blaus rauschen,
00:11:48: diese und andere Fragen der digitalen Transformation aufnehmen
00:11:52: und in die künstlerische Praxis führen, kommt ganz analog zum diesjährigen Festival.
00:11:57: Ab 23. Mai geht's los.
00:11:59: Mehr Infos demnächst hier auf diesem Kanal.
00:12:02: Soviel für jetzt, danke an unseren Gast Fabian Ostermann
00:12:05: und danke an euch fürs zuhören.
00:12:07: Bleibt dran, stay tuned, eure Teresa Gerrin Rotrieges.
00:12:10: [Musik]
00:12:20: [Musik]
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